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  • AutorenbildNormale Geburt e.V.

Geburtsbericht von Rebecca


Diese Blogreihe ist ein Plädoyer für die Bedeutung der frauenorientierten Geburtshilfe unabhängig vom Geburtsort, denn so unterschiedlich wie die individuellen Wünsche und Bedürfnisse sind, sehen auch die Geburten anders aus. Vielen Dank an Rebecca, die unsere Blogreihe mit ihrem Bericht über ihre Geburtshausgeburt nach Kaiserschnitt erweitert.


"Mein Geburtsbericht soll allen Frauen Mut machen, Vertrauen in ihren Körper zu haben. Denn ich habe trotz Kaiserschnitt und Schwangerschaftsdiabetes meine zweite Entbindung sehr liebevoll und spontan im Geburtshaus Charlottenburg erlebt. Aber von Anfang an."

Mein erstes Kind kam 2019 zur Welt. Am frühen Samstagmorgen ging es los. Schon nach einer Stunde kamen die Wehen alle zwei bis drei Minuten und waren sehr schmerzhaft. Ich versuchte, durch verschiedene Positionen, ein heißes Bad und Atemtechniken die Schmerzen besser auszuhalten. Leider mit wenig Erfolg. Die Hebamme kam mehrmals vorbei, um den Geburtsfortschritt feststellen und uns Tipps zum weiteren Vorgehen zu geben. Nach zehn Stunden ohne nennenswerte Veränderungen sind wir dann ins Geburtshaus gefahren. Trotz der liebevollen Betreuung durch die Hebammen dort hatte ich eine Wehenpause und der Muttermund war nach weiteren 12 Stunden erst 3 cm geöffnet. Ich war am Ende, körperlich und emotional. Also entschieden wir uns für eine Verlegung ins Krankenhaus. Die aufnehmende Hebamme dort war offenbar ausgeschlafen und topfit, denn sie überzeugte uns, dass es immer noch möglich sei, mein Kind vaginal zu gebären. Also bekam ich das volle Programm: zunächst ein schmerzlinderndes Medikament, dann eine Antibiose, anschließend wurde meine Fruchtblase geöffnet (Amniotomie), Wehentropf, PDA. Die Schmerzen waren kaum noch auszuhalten; meine Erinnerungen an diese Zeit verschwimmen, alles rauschte nur noch über mich hinweg. Sechs Stunden später war der Muttermund endlich vollständig geöffnet. Allerdings war ich in einem derart desolaten Zustand, dass an Pressen gar nicht mehr zu denken war. Also wollte die Hebamme die Saugglocke anwenden. Das habe ich mit letzter Kraft abgelehnt. Wenige Minuten später war ich im OP und nach über 30 Stunden wurde unsere Tochter per Kaiserschnitt geholt.


Als ich 2021 zum zweiten Mal schwanger wurde, holten mich die Erinnerungen ein. Ich hatte furchtbare Angst vor der Geburt, traute mir das nicht zu, fühlte aber gleichzeitig einen großen Druck, nicht zu versagen. Darüber hinaus wurde bei mir (wie in der ersten Schwangerschaft) Diabetes festgestellt. Die notwendige Ernährungsumstellung und das tägliche Messen der Blutzuckerwerte bot mir zwar die Möglichkeit, im Geburtshaus zu entbinden, war aber auch eine große Belastung. Zu meinen eigenen Ängsten kamen noch die Mahnungen und misstrauischen Blicke der Ärztinnen und Sprechstundenhilfen hinzu. Eine Professorin teilte mir sogar (fälschlicherweise) mit:„ Ein Kaiserschnitt ist per se eine Kontraindikation für das Geburtshaus“. Deshalb entschied ich mich, zur Unterstützung eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. Das hat mir sehr geholfen, das Erlebte einzuordnen und wieder Vertrauen in mich und meinen Körper zu gewinnen. Am Ende konnte ich ruhig und geduldig, wenn auch nicht optimistisch auf die Geburt warten. Eine tolle Unterstützung erhielt ich auch durch Christine (Hebamme im Geburtshaus Charlottenburg), bei der ich Akupunktur bekam.


An einem Sonntagmittag ging es dann los. Dieses Mal mit dem Blasensprung und Wehen gleichzeitig. Wieder waren die Kontraktionen nach kurzer Zeit sehr schmerzhaft und regelmäßig. Auch zwischen den Wehen war ich nicht schmerzfrei. Um die Panik in mir niederzuringen („Nicht noch einmal, bitte!“), legte ich mich mit einer Wärmflasche und dem Tablet ins Bett. Das Angebot der Hebamme, für eine erste Untersuchung vorbeizukommen, lehnte ich ab. Ich stellte mich auf eine lange Latenzphase ein und konnte keine demotivierenden Nachrichten gebrauchen. Nach nur drei Stunden veränderten sich die Wehen plötzlich schlagartig: Der Schmerz war härter, dumpfer und zwischen den Wehen war er vollständig verschwunden. Ich sprang aus dem Bett. Ich konnte einfach nicht mehr liegen und klammerte mich an den Wäscheständer, während ich die Hebamme anrief und bat, sofort zu kommen. Das Ergebnis ihrer Untersuchung war eindeutig: Der Muttermund war vollständig geöffnet, das Köpfchen zu tasten. Das waren Presswehen. Allerdings sahen wir im Internet, dass die Autobahnzufahrt wegen eines Unfalls gesperrt war. Wir würden es wahrscheinlich nicht rechtzeitig ins Geburtshaus schaffen. Also rief sie ihre Kollegin dazu und unser Schlafzimmer wurde für eine ungeplante Hausgeburt vorbereitet. Mein Mann muss sich große Sorgen gemacht haben; ich selbst war von dieser Aussicht wenig beeindruckt und voll mit der Geburt beschäftigt.


Als die Wehen jedoch nach ungefähr einer Stunde etwas schwächer wurden, entschied die dienstältere Hebamme, dass wir es doch wagen und ins Geburtshaus fahren sollten. Dann ging alles wahnsinnig schnell: Mein Mann rannte (bepackt mit Maxicosi und Kliniktasche) zum Auto, ich warf mir ein Kleid über und vier Wehen später waren wir dort. Wir gingen schnurstracks in mein Lieblingszimmer, das Prinzessinnenzimmer, und nach einem kurzen Zwischenaufenthalt im Vierfüßlerstand gebar ich unser zweites Kind schließlich keine sechzig Minuten später auf dem Hocker.


Ich weiß, dass jede Geburt einzigartig ist. Es gibt keine Garantie - weder im Guten, noch im Schlechten. Aber ich möchte allen Frauen Mut machen, so zu gebären, wie sie es wollen. Sucht euch respektvolle, zugewandte Fachleute, die euch in euren Ansichten ud Wünschen unterstützen! Lasst euch nicht einreden, dass ihr etwas nicht schafft, auch wenn es vielleicht ungewöhnlich ist und auf den ersten Blick nicht in das schulmedizinische Denken passt! Habt Vertrauen in euren Körper und eure Fähigkeiten, auch wenn nicht alles beim ersten Mal glatt läuft!


Rebecca, 36 Jahre aus Berlin



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